Die deutsche Bundesregierung ist erneut gespalten. Und der Grund ist Geld. Das Kabinett muss seinen Vorschlag für den Haushalt 2025 genehmigen, bevor er ihn nach der Sommerpause dem Parlament zur Debatte vorlegt.
Allerdings sind sich die Mitte-Links-Koalition aus Sozialdemokraten (SPD), Grünen und FDP grundsätzlich uneinig darüber, wo gespart werden kann und sollte.
In Deutschland sind der Bund und die 16 Länder verpflichtet, ihre Bücher auszugleichen. Der Zentralregierung ist es faktisch untersagt, Kredite in Höhe von mehr als 0,35 % der Bruttowirtschaftsleistung aufzunehmen. Dieses in der Verfassung verankerte sogenannte Schuldenmoratorium wird von Finanzminister Christian Lindner und seiner FDP unterstützt und verteidigt. Allerdings argumentieren SPD und Grüne, dass in Krisenzeiten mehr Kredite zur Finanzierung von Investitionen nötig seien.
Eine Mehrheit der Deutschen befürwortet Ausgabendisziplin
Das Meinungsforschungsinstitut infratest-dimap führte diese Woche seine monatliche „Deutschlandtrend“-Umfrage unter 1280 Wahlberechtigten durch und stellte fest, dass 54 % der Befragten die „Schuldenbremse“ unverändert beibehalten wollten. 40 Prozent wollen diese Regelung reformieren.
Wenn die „Schuldenpause“ anhält, müssen die Ministerien nach jüngsten Schätzungen ihre Ausgabenpläne um rund 30 Milliarden Euro kürzen.
Meinungsforscher fragten die Wähler, wie ihre Prioritäten gesetzt werden sollten. Die Antworten zeigen, dass es den Wählern schwerfällt, sich darüber zu einigen, wo die Staatsausgaben gekürzt werden sollen. Fast die Hälfte aller Befragten befürwortet eine Kürzung der öffentlichen Ausgaben für Flüchtlinge und Sozialleistungen für Langzeitarbeitslose – das sogenannte Bürgergeld. Im Gesundheits- und Altenpflegebereich sowie in der Familienpolitik wünschen sich die meisten Befragten eine Erhöhung der Ausgaben.
Die FDP, die kleinste Regierungspartei, lehnt eine Erhöhung der Sozialleistungen entschieden ab. Ihre Unterstützung ist nach der Bundestagswahl 2021 eingebrochen, was bedeutet, dass sie im nächsten Jahr nicht einmal die 5 %-Hürde überschreiten werden, die für eine parlamentarische Vertretung erforderlich ist.
Die Mitte-Rechts-Koalition aus Christlich-Demokratischer Union (CDU) und Christlich-Sozialer Union (CSU) erfreut sich weiterhin großer Wählerunterstützung und erhält 31 % der Stimmen. Sozialdemokraten und Grüne liegen bei 15 %. Die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) erhält 18 % Unterstützung. Die Unterstützung der Partei im ganzen Land ist in den letzten Monaten zurückgegangen. Dies wurde auf zwei Faktoren zurückgeführt: einerseits auf die Bildung der Koalition Sarah Wagenknecht (BSW) als populistische Alternative, andererseits auf Skandale um die Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl und deren Verbindungen zu Russland und China.
Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl am 9. Juni ist Maximilian Krah. Ihm wird vorgeworfen, Geld aus Russland und China erhalten zu haben, was sein Wahlverhalten beeinflusst habe. Ein enger Mitarbeiter von ihm wurde kürzlich verhaftet und wegen Arbeit für den chinesischen Geheimdienst angeklagt. Gegen Krau wird ebenfalls ermittelt. In der Deutschlandtrend-Umfrage sagten sieben von zehn Befragten, die AfD sollte ihre Haltung gegenüber Russland und China überdenken.
Die meisten AfD-Anhänger sehen jedoch keinen Anlass, ihre Partei neu aufzustellen. Stattdessen halten drei von vier AfD-Anhängern die Gesamtreaktion auf das Vorgehen des Gesetzgebers für übertrieben.
Es besteht kein Interesse am Referendum im Europäischen Parlament
Der Umfrage zufolge erreichte die AfD bei der Wahl zum Europäischen Parlament 15 % der Stimmen. Die konservative CDU/CSU könnte mit moderaten Zuwächsen rechnen, während alle anderen Parteien Verluste hinnehmen müssten. Die Sahra-Wagenknecht-Allianz (BSW) kann bei ihrer ersten Wahl mit einer Wählerunterstützung von 7 % rechnen. Ihre Gründerin Zahra Wagenknecht verließ 2024 die postkommunistische Linkspartei, um eine Gruppe zu gründen, die linke Wirtschaftspolitik mit konservativen Migrations- und prorussischen außenpolitischen Initiativen vermischt.
Die Hälfte aller befragten Wähler gibt an, großes Interesse an den Wahlen zum Europäischen Parlament zu haben, während die andere Hälfte angibt, überhaupt kein oder sehr großes Interesse daran zu haben. Das Interesse an dieser Europawahl ist geringer als im Jahr 2019, als Deutschland eine niedrige Wahlbeteiligung von 61,4 % verzeichnete. Dies ist viel weniger als die 76,6 % der Stimmen bei den Parlamentswahlen des Landes im Jahr 2021.
Die EU-Politik scheint die Erwartungen der deutschen Wähler nicht erfüllt zu haben. Zwei Drittel der Befragten gaben an, mit der EU-Politik „eher unzufrieden“ zu sein. Besonders kritisch sind AfD- und BSW-Anhänger, am zufriedensten sind die SPD- und Grünen-Anhänger mit den politischen Entscheidungen der EU.
41 Prozent der Befragten gaben an, dass die Einwanderungs-, Asyl- und Integrationspolitik die größte Herausforderung für die EU sei. 51 Prozent sehen in Abkommen mit Ländern außerhalb der Union eine Möglichkeit, die Zahl der Flüchtlinge, die nach Europa kommen, zu verringern. Die EU verhandelt derzeit über solche Abkommen mit Ägypten, dem Libanon und Tunesien. Als Gegenleistung dafür, dass Flüchtlinge an der Einreise in die EU gehindert werden, wurden den Ländern erhebliche EU-Mittel versprochen.
Insgesamt sehen die Befragten der Deutschlandtrend-Umfrage vom Mai internationale Konflikte (34 %), Umwelt- und Klimaschutz (21 %) sowie Wirtschaft (20 %) als weitere Themen auf der Liste der wichtigsten Probleme der EU.
Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Deutsch verfasst.
Während Sie hier sind: Jeden Dienstag fassen DW-Redakteure zusammen, was in der deutschen Politik und Gesellschaft passiert. Hier können Sie sich für den wöchentlichen E-Mail-Newsletter von Berlin Briefing anmelden.
„Unheilbare Internetsucht. Preisgekrönter Bierexperte. Reiseexperte. Allgemeiner Analyst.“
More Stories
Welches PV-Modul (Solarpanel) ist das beste für Balkonsolaranlagen?
Deutschland verschärft Waffengesetze und Asylbestimmungen nach Messerstecherei in Solingen | Deutschland
UPDATE: Deutschland veröffentlicht Einberufungsliste und nur vier Bayern-München-Spieler schaffen es