Anfang vergangener Woche durchsuchten Ermittler die Zentrale von Deutschlands größtem Wohnungskonzern Vonovia. Die Staatsanwaltschaft Bochum und das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen ermitteln unter anderem wegen des Verdachts auf Bestechung und Korruption, Untreue und Betrug gegen Mitarbeiter des Konzerns.
Mehr als 40 Privat- und Gewerberäume wurden in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hamburg und Sachsen durchsucht. Gegen Mitarbeiter von Vonovia, ehemalige Mitarbeiter und Geschäftspartner des Unternehmens wurden vier Haftbefehle vollstreckt. Details zu den laufenden Ermittlungen wurden von der Staatsanwaltschaft nicht bekannt gegeben.
Einer der Verdächtigen soll nach seinem Weggang von Vonovia auch vertragliche Vereinbarungen bei der Stuttgarter GWG-Gruppe manipuliert haben. Das Wohnungsunternehmen der R+V Versicherungen ist mit rund 15.000 Wohnungen deutlich kleiner als das börsennotierte Industrieunternehmen Vonovia.
Vonovia besitzt 565.000 Wohnungen in Deutschland, Österreich und Schweden, überwiegend jedoch in Deutschland. Allein in Berlin und Brandenburg wird das Unternehmen nach der Übernahme der Deutsche Wohnen im Jahr 2021 über rund 150.000 Wohnungen verfügen. Ihr Börsenwert liegt derzeit bei rund 18 Milliarden Euro.
Nach Angaben des Westdeutschen Rundfunks und Recherchen Süddeutsche Zeitungsollen mindestens zwei Vonovia-Mitarbeiter über einen Zeitraum von 10 Jahren Schmiergelder in Höhe von fast einer halben Million Euro erhalten haben. Im Gegenzug vergaben sie angeblich Aufträge in Millionenhöhe an Bau- und Handelsunternehmen, die wiederum die Preise überhöhten oder Dienstleistungen aussetzten.
Die Ermittlungen begannen 2021 auf der Grundlage eines anonymen Schreibens. „Je mehr Ermittler aufdecken, desto mehr zeichnet sich das Bild des angeblich jahrelangen Bestechungssystems des DAX-Konzerns ab“, hieß es in der Nachrichtensendung. Tagessao gemeldet. Seitdem wird gegen mindestens 20 Personen ermittelt, aber diese Zahl könnte laut Detectives steigen, wenn sie mehr Hinweisen nachgehen.
Vonovia reagierte auf die Durchsuchungen, indem sie sich als Opfer darstellte und ihr Bestes tat, um aufzuklären, was passiert war. Vorstandsvorsitzender Rolf Buch sagte: „Wir sind schockiert. Offenbar haben einzelne Mitarbeiter unserer Tochtergesellschaften Bestechungsgelder zu Lasten von Vonovia angenommen. Das ist nicht hinnehmbar.“ Der Immobilienkonzern hat Deloitte mit einer internen Prüfung beauftragt.
Vonovia hatte über 10 Jahre lang keine Kenntnis von den Vorfällen, und Behauptungen, sie sei ein Opfer gewesen, sind absurd. Wie andere große Immobilienunternehmen ist auch der Bochumer Konzern für seine exzessive Profitgier und seine undurchsichtigen Mieterraub-Methoden berüchtigt.
In den 1990er Jahren gab es ähnliche Vorwürfe gegen die Veba-Immobilien-Gruppe, die nach mehreren Übernahmen zu Vonovia wurde.
Letztes Jahr in einem Interview mit Nithi Daily Handelsblattkündigte Vonovia-Chef Rolf Buch an, dass die Mieten inflationsbedingt deutlich steigen werden. Mieterverbände wiesen verärgert darauf hin, dass Inflation kein legitimer Grund für Mieterhöhungen sei.
Auch als der rot-grüne Berliner Senat (Landesvorstand) in der vergangenen Legislaturperiode einen „Runden Tisch“ mit Vertretern der Berliner Immobilienwirtschaft organisierte, lehnte Vonovia Forderungen nach einem Mietstopp rundweg ab oder schränkte sie sogar ein erhöht sich.
In Berlin und anderen Großstädten ist der Wohnraum so knapp, dass astronomische Mieten verlangt werden. Allerdings kündigte Vonovia in diesem Jahr an, in Berlin, Potsdam und Dresden nicht mehr mit Neubauten zu beginnen. Allein in Berlin stoppte das Unternehmen den Bau von 1.500 geplanten Wohnungen. Ein Unternehmenssprecher begründete dies mit hoher Inflation und gestiegenen Zinsen. Gleichzeitig steigerte das Unternehmen sein operatives Ergebnis um 35 Prozent auf knapp 1,6 Milliarden Euro im Jahr 2022.
Aber Vonovia kassiert nicht nur Mietkosten. Im Laufe der Jahre hat es die von ihm erhobenen Nebenkosten verwendet, um satte Gewinne zu erzielen. Untersuchung des Nachrichtenmagazins 2018 Der Spiegel Zu diesem Zweck hat das Unternehmen zahlreiche Tochterunternehmen gegründet, die Dienstleistungen wie Wohnungsreinigung und Winterdienst zu stark überhöhten Preisen durchführen.
Zum Beispiel, Der Spiegel Als Beispiel nannte sie einen Hamburger Apartmentkomplex, bei dem die Kosten für den Winterdienst (zB Schnee- und Eisbeseitigung) um 1.900 Prozent gestiegen seien. Gleichzeitig können Mieter nicht mehr sehen, welche Leistungen erbracht werden und welche nicht. Der Artikel berichtet von „falschen“ und „zweifelhaften“ Nebenkostenabrechnungen.
Auch wenn Vonovia nichts von den offensichtlichen kriminellen Machenschaften einzelner Mitarbeiter wusste, war das in einer solchen Organisation normal.
Der Deutsche Mieterbund hat bereits davor gewarnt, dass es die Mieter sind, die unter Bestechung leiden. Den größten Teil des Schadens tragen direkt oder indirekt die Mieter. Diese wird über Nebenkostenabrechnungen an die Mieter weitergegeben.
Darüber hinaus bereitet sich das Unternehmen auf massive Kostensenkungsmaßnahmen vor. Berichten zufolge soll die Größe des Managementteams reduziert werden. Zusätzliche Einsparungen sind auch bei Personal und Dienstleistungen für die Mieter zu erwarten. Nach Bekanntwerden der Razzia in der vergangenen Woche ist die Vonovia-Aktie um bis zu 5 Prozent gefallen und hat sich seither nicht erholt.
Der Fall Vonovia verdeutlicht einmal mehr die dringende Notwendigkeit, Miethaie entschädigungslos zu enteignen und ihren Wohnungsbestand in öffentliches Eigentum zu überführen. Wohnen sollte kein Luxus sein, den profitorientierte Konzerne ausnutzen, um sich immens zu bereichern.
Bei einer Volksabstimmung in Berlin im Jahr 2021 hat sich eine deutliche Mehrheit für die Übernahme großer Immobilienunternehmen wie Vonovia ausgesprochen. Trotz dieses Volksvotums weigerte sich die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und Linkspartei, den befristeten Beschluss umzusetzen. Stattdessen richteten sie einen „runden Tisch“ ein, um der Immobilienlobby zu folgen und ihre Gewinne zu schützen.
Die drei Berliner Regierungsparteien, die zuletzt bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus (Landtag) herbe Verluste hinnehmen mussten, favorisierten offenbar eine Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen. Sie waren sich bewusst, dass dies die Situation Tausender Familien verschlimmern würde.
Um ein Referendumsergebnis zu vermeiden, haben SPD, Grüne und Linke eine Expertengruppe einberufen, die monatelang darüber beraten soll, ob die Enteignung rechtlich und finanziell zulässig oder verfassungswidrig ist. Die Christdemokraten (CDU), die hoffen, den nächsten Berliner Bürgermeister stellen zu können, haben ihrerseits rechtliche Schritte gegen staatliche Übernahmegesetze solcher Unternehmen angekündigt.
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